Stella Deetjen

Gespeichert von admin am Sa., 08.12.2012 - 03:22

Zugegeben, ich bin bisher persönlich beiden nicht begegnet.

Die eine ist bereits verstorben und man nennt sie den „Engel von Kalkutta“ und böse Zungen reden von dem „Todesengel von Kalkutta“. Die Rede ist von „Schwester Teresa“, die katholische Ordensgründerin, die am 26.08.2010 hundert Jahre alt geworden wäre, wenn sie nicht am 05.09.1997 bereits gestorben wäre.

Mutter Teresa erhielt 1979 den Friedensnobelpreis. Der britische Journalist Christopher Hitchens nannte ihren Umgang mit den Spenden „intransparent“. Ihre innere Glaubenslinie ist es ebenfalls. Einerseits sagte sie: „Ein schöner Tod für Menschen, die wie Tiere lebten, bedeutet für sie, wie Engel zu sterben.“

Anderseits schreibt sie: „Der Platz Gottes in meiner Seele ist leer. In mir ist kein Gott.“ „Er will mich nicht. Es gibt ihn gar nicht.“

So ambivalent wie ihre Glaubensgewissheit, genauso ambivalent ist ihr Wirken nach außen. Die Seele in den Himmel zu bringen ist ihr viel wichtiger, als den kranken Leib zu heilen. Fahrlässiges Sterbenlassen wird ihr immer wieder vorgeworfen.

Bitte bedenkt, ich habe Mutter Teresa niemals persönlich kennengelernt und habe alle Informationen nur aus zweiter Hand, wobei ich die Journalisten und Artikelschreiber auch nicht persönlich kenne.

Die andere lebt und erfreut sich - hoffentlich – guter Gesundheit. Sie hat in Deutschland auch noch keinen Engel – oder Heiligen-Titel erhalten. Dazu ist der Sex-Appell der schlanken 36jährigen Frau noch zu gut im Schuss. Indigene Völker würden diesen jedoch eher auf ihre blendend gepflegten Zähne zurückführen. In New York wurde sie im Oktober 2006 zum „Stern von Benares“ gekürt. Das aber ist eine rein weltliche Auszeichnung von zweifelhafter Güte, denn der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow gehörte auch zu den Geehrten und ist bei den Völkern des ehemaligen Ostblocks durchaus nicht sonderlich beliebt.

Stella Deetjen lässt keine Glaubensgewissheit erkennen und deshalb auch keine Glaubenszweifel. Sie hat nie darüber nachgedacht – mir ist nichts bekannt – ob das Jenseits bei Jesus, Buddha oder Shiva besser ist, als im Diesseits Stück für Stück an der Lepra zu verfaulen. Sie ärgert sich, dass niemand den Leprakranken hilft, denn Lepra ist heilbar. Sie organisiert medizinisches Personal und Medikamente, denn Lepra ist heilbar. Sie organisiert Spendentouren auch durch Deutschland, denn alles das kostet Geld und nur, weil Lepra heilbar ist.

Sie hat selbst einen Sohn und kann es nicht leiden, dass in einer äußersten Ecke von Nepal die Gebärenden in den Schweinestall verfrachtet werden, weil Blut religiös unrein macht. Statt um den Glauben zu streiten funktioniert sie viele Schweineställe zu Geburtskliniken um. Ohne Religion kann man sehr pragmatisch werden.

In Benares, auf ihrem Rucksacktrip in Indien bekommt sie Bauchschmerzen. Ein weißhaariger lepröser Greis kommt auf sie zu und fragt, ob er helfen könne. Sie fragt nach seinem Namen. „Musafir“ ist die Antwort und, dass ihn schon lange niemand mehr nach seinen Namen gefragt habe.

Stella muss aus dieser Begegnung nicht die geheimnisvolle Begegnung mit einem Engel machen, wie die christlichen Phantastereien es vielfach tun würden. Der alte Mann ist Leprakrank und hilft ihr. Sie hilft ihm. Alles ohne Metaphysik. Alles ohne das geheimnisvolle Walten des göttlichen Geistes. Da ist nichts „Numinoses“ im Spiel. Es ist nur eine menschliche, ja allzumenschliche Begegnung und sie verändert doch Stella Deetjen. Stella kann nicht mehr in ihr altes Leben zurück.

Sie baut eine Organisation auf. Ohne Organisation geht in unserer modernen Welt nichts. Gleichzeitig frisst jede Organisation Begeisterung, Eifer und Energie auf. Wunderschöne Ideen und Initiativen sind an ihren eigenen Organisationen kaputt gegangen. Immer mehr Energie braucht eine Organisation für sich selbst. Organisationen brauchen Repräsentanten. Die können nicht vom Schweinestall in Nepal ins Studio nach Frankfurt eingeflogen werden. Grauzonen sind unvermeidlich. Rationell handeln in einer hoch emotionalen Angelegenheit ist ein Spagat, den hat nicht einmal Albert Schweitzer geschafft. Auch er hat sich mit Unkorrektheiten bekleckert.

Am Freitag abend, fast gegen Mitternacht habe ich Stella Deetjen im Fernsehen bei Hirschhausen & Tietjen erstmals gesehen und überhaupt von ihr gehört. Sie könnte meine allerjüngste Tochter sein. Was wäre ich stolz auf sie. Dann habe ich einen halben Tag am Internet verbracht, um über sie zu lesen. Mehr weiß ich nicht von ihr.

Was nun? Teresa oder Stella? Wir werden sehen, denn ich unterstütze schon andere und falle mit meiner kleinen Rente unter die deutsche Armutsgrenze. Andererseits ist genau das die durchgängige Berechtigung, um Stella und ihr Werk: Back to Life e.V. finanziell zu unterstützen. Die Reichen brauchen ihr Geld selbst. Wir werden sehen…